Wer sich unter Fußballfans mischt, wird sehr schnell sehen, mit
welchen Verein ein Mensch sympathisiert. Dieser Mensch muss gar nicht
zu den eingefleischten Anhängern einer Mannschaft gehören und
wird doch die Farben seiner Truppe tragen. Sei es nur ein Schal oder
ein Tuch, man bekennt doch Farbe!
Was sind unsere Farben? Nein, ich frage nicht nach dem Sportverein, dem
sie sich verbunden fühlen. Was sind unsere Farben als Christen?
Ist es Weiß – Gelb für uns Katholiken, ist es Violett
für unsere evangelischen Mitchristen? Beides mögen Farben
sein, die bei der einen oder anderen Veranstaltung gehisst werden, doch
unsere Farbe als Christen, unser Erkennungszeichen als Jünger
Jesu, ist die Farbe, die wir im Evangelium gehört haben. Jesus
selbst legt fest, woran man seine Jünger erkennen wird. Alle
werden erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr einander
liebt. Wie schön wäre es, wenn Jesu Wort unsere
Lebenswirklichkeit als christliche Gemeinschaft wäre –
sowohl privat als auch offiziell.
Im Johannesevangelium gibt Jesus uns ein neues Gebot mit auf den Weg.
Liebt einander, wie auch ich euch geliebt habe. In dieser kurzen Formel
ist alles gesagt, was das Leben und den Auftrag Jesu ausmacht. Der
Evangelist Johannes kennt als Kurzformel seines Evangeliums nur diese
knappe Aussage: „Gott ist Liebe“ und in Jesus Christus
kommt Gott als Liebe in die Welt. Das ganze Leben Jesu steht unter
diesem Vorzeichen. Die Art wie Jesus mit Menschen umgeht, was er sagt,
was er tut, ist Zeugnis für die Liebe, die Gott von Anfang an
für die Menschen hat. Wer von dieser Liebe angesprochen wird, wer
sich mit dieser Liebe auseinander setzt, der wird schließlich
selbst zu einem Menschen werden, durch den die Liebe Gottes für
die Welt erfahrbar wird. Dabei beschränkt sich diese Liebe dann
nicht auf die Gruppe Gleichgesinnter. Wie Weihbischof Hauke von Erfurt
sagt, haben wir als Christen in Deutschland einen Auftrag für die
ganze Gesellschaft, auch wenn viele nicht zum Christentum gehören.
Wenn wir uns also als Jünger Jesu bezeichnen und das tun wir, wenn
wir uns Christen nennen, dann tun wir dies nur dann mit Recht, wenn wir
die Liebe leben und dabei keinen Menschen ausnehmen. Jeder Mensch, dem
wir begegnen soll diese Liebe spüren können, denn die Liebe
ist das Erkennungszeichen aller, die sich auf Christus berufen.
Ich weiß, aus diesen Worten spricht ein hoher Anspruch und diesem
Anspruch ist nur schwer gerecht zu werden. Doch am Wort Jesu bleibt
nicht zu rütteln. Sein Wort, sein Evangelium, bestimmt die
Spielregeln des Christentums. Diese Spielregeln gelten für alle,
die sich auf Jesus berufen. Sie gelten für den Papst und die
Bischöfe genauso, wie sie für jeden Einzelnen von uns gelten.
Deshalb war es nur für die überraschend, die in unserer
Kirche eine strafforganisierte Institution sahen, als Papst Benedikt
seine erste Enzyklika mit dem Titel „Deus caritas est“
veröffentlichte. Im Namen der Liebe lassen sich Menschen nicht auf
Linie trimmen. Wenn unter dem Vorwand der Klarheit Disziplin gefordert
wird, dann stellt sich die Frage nach dem Willen Jesu. Aus gutem Grund
lenkt Papst Benedikt unseren Blick immer wieder auf Jesus. Die
Tradition verliert damit an Gewicht. Schließlich sind Jesu Leben
und seine Botschaft die Grundlage unserer christlichen Gemeinschaft.
Glaubwürdig ist unsere Kirche nur dann wirklich, wenn sie die
Liebe verkündet und lebt. Daran muss sie sich immer wieder messen
lassen.
Gleiches gilt für uns selbst. Wenn wir uns als Christen
bezeichnen, dann muss es die Liebe sein, die unser Zeichen ist. Immer
wieder müssen wir uns der Frage stellen, wo unser Leben auf die
Liebe hinweist, die wir von Gott erfahren. Wie gehen wir mit den
Menschen um. Wie sehen wir sie – erkennen wir ihre Würde und
ihren Wert an, wenn wir mit oder über sie reden? Liebe kann auch
mal bedeuten, dem anderen ein deutliches Wort zu sagen, doch sie
maßregelt nur, wenn sie gleichzeitig in eine größere
Freiheit und Liebe führt. Die Liebe ist immer wieder die
Orientierung, die uns den rechten Weg führt.
Daran werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr
einander liebt. Man sieht es den Menschen also an, wenn sie im Geist
Christi unterwegs sind. Tun wir das unsere dazu, dass man uns als
Jünger Christi erkennt.