Der Mensch
sehnt sich nach Freiheit, er sehnt sich nach Gerechtigkeit, er sehnt sich nach
Sicherheit, … usw. Da werden mir sicher die Allermeisten zustimmen. Doch was
hier so eindeutig klingt, ist alles andere als einfach. Will der Mensch
wirklich Freiheit, dann muss er dazu seinen Wunsch nach Sicherheit
zurückstellen, will der Mensch Sicherheit, dann gibt er dafür ein Stück seiner
Freiheit auf. Die Gegenüberstellungen ließen sich noch um Einiges erweitern.
Sicherheit
bauen wir uns auf, indem wir unser Leben mit gewissen Regeln versehen. Manche
dieser Regeln sind in Gesetzen aufgeschrieben, andere gelten, weil es eben so
Brauch ist. Diese Regeln helfen sich zu Recht zu finden in der
Unübersichtlichkeit unseres Lebens. Sie mögen eine Hilfe sein. Regeln helfen,
dass wir unsere Gesellschaft sortieren können in gut und schlecht, in richtig
und falsch, in politisch korrekt und daneben. Doch manchmal werden sie auch zum
Gefängnis für Menschen. Dann wenn Regeln dazu dienen, einen Menschen in eine
Schublade abzulegen und ihn somit festzunageln, dann wird ein Mensch leicht zum
Opfer eines Gesetzes. Veränderungsspielraum wird ihm dabei kaum eingeräumt.
Die Frau,
die zu Jesus kommt, ist von ihrer Gesellschaft festgenagelt worden. Sie ist
Sünderin und damit grundsätzlich nicht mehr gesellschaftsfähig. Jeder Mensch,
der etwas auf sich hält, geht deshalb auf Abstand, damit ja nichts abfärbt vom
Verhalten dieser Person. Sicher ist sicher! Die Frau traut sich etwas, sie
durchbricht die Sicherheitsmauer der Selbstgerechten und setzt auf ihren
Liebesdienst. Die Sünderin beweist, dass sie zur Liebe fähig ist, und gibt
damit zu erkennen, dass nicht nur die Sünde ihr Leben bestimmt. Mit ihrer Liebe
durchbricht sich die Grenzen, die ihr in der Meinung der Menschen gesetzt
wurden. Das Bild „Sünderin“ hat Schaden genommen.
Jesus nimmt
die andere Seite dieser Frau war. Er erkennt ihre Liebe, deshalb vergibt er die
Schuld, die das Leben der Frau belastet, und entlässt die Frau in ein neues
Leben. Die Menschen um Jesus tun sich da erheblich schwerer. „Wie kann er Sünden
vergeben?“ fragen sie – vielleicht mit dem Hintergedanken, wo er doch unser
System zerstört.
Sünden vergeben,
kann nur Gott und er tut es unabhängig von menschlichen Systemen. Schwer ist es
für uns zu akzeptieren, dass Sünden vergeben werden. Wir tun uns Schwer bei den
Anderen, weil wir sie gerne sicher in gewissen Schubladen hätten. Wir haben sie
gerne sicher und nützen schon mal den Hinweis auf Schuld, um jemanden zum
Schwiegen zu bringen, wenn er uns unliebsame Wahrheiten sagen möchte. Schwer
tun wir uns an die Vergebung unserer eigenen Sünden zu glauben, weil es uns
schwerfällt, uns selbst zu mögen trotz und mit unseren Schwächen und unserer
Schuld. Schließlich nagt jede Schuld an unserem positiven Selbstbild. Und doch
erfahren wir bei Gott die Vergebung aller Schuld.
Jesus sagt
der Sünderin die Vergebung ihrer Schuld zu, weil sie geglaubt hat. Auf der gleichen
Linie erinnert uns Paulus daran, dass es nicht das Gesetz ist, das den Menschen
gerecht macht, sondern der Glaube an Jesus Christus. Gesetze oder
gesellschaftliche Normen bilden einen Rahmen, in den der Mensch zu passen hat.
Fällt er aus dem Rahmen, verliert ein Mensch oft das Recht, noch wirklich zur
Gemeinschaft zu gehören. Der Glaube an Jesus Christus setzt andere Maßstäbe.
Wenn wir an Jesus Christus glauben, dann glauben wir an die Liebe. Die Liebe jedoch
kennt keine festen Schubladen, sie kennt kein Festnageln, das Wort
„ausschließen“ ist für sie ein Fremdwort. Im System Liebe dürfen Menschen sich
ändern. Es geht sogar soweit, dass die Liebe davon ausgeht, dass Menschen sich
verändern. Dabei verzichtet sie auf die Sicherheit, die klare Regeln und
Gesetze bieten. Der Glaube an Jesus Christus baut eine Gemeinschaft auf, in der
Menschen leben dürfen, in der sie sich verändern können, weil sie nicht in
feste Formen gepresst werden.
Wollen wir
das? Gehen wir das Risiko ein, das uns ein Leben ohne starre Regeln bringt?
Lassen wir uns auf das Risiko ein, das der Glaube an Jesus Christus und seine
Liebe in sich birgt? Wer sich auf die Idee Jesu einlässt, der gibt vieles an
Sicherheit auf. Er gewinnt jedoch ein Leben, in dem Menschen wirklich Menschen
sein dürfen, die sich als wertvoll und gewürdigt erfahren und deshalb wirklich
leben.